Samstag, 17. April 2010

Supermarktyoga


Die einen nehmen Yoga-Unterricht.
Die anderen gehen in einem belgischen Supermarkt einkaufen.
Zu den letzteren gehöre derzeit ich.

Es ist nicht so, das in den hiesigen Läden die Yoga-Matten ausgerollte werden oder alle Kunden die Angebote der Woche mit dem Sonnengruß begrüßen. Aber wenn man hier nach dem Rundgang durch das Reich des Lucius Licinius Lucullus (* 117 v. Chr., † 56 v. Chr.; ein römischer Senator und Feldherr, der allerdings vor allem durch seine grandiosen Gastmähler in Erinnerng geblieben ist) den Kassenbereich erreicht hat, dann muss man sich - aus Deutschland oder einem stressigen Job kommend - ganz auf seine Mitte komzentrieren, unheimlich ruhig atmen und am besten für eine halbe Stunde die Augen schließen. Wenn man das nicht tut, kann man (als einen Art Meditation) beobachen, wie die Kundin, die momentan den Platz an der Kasse inne hat, zigtausend Gutschein-Special-Offer-Coupons aus der Tasche zieht (einzeln, na klar), denn mithilfe dieser ausgeschnittenen Papierzettel füllt der belgische Supermarktgast sein Bonuspunktekonto. Es ist eine sehr geschwindigkeitsentbehrende, fast rituelle Handlung. Die Kassiererin (als Zeremonienmeisterin des Supermarktyogas) gutiert die Übergabe der Zettel mit einem milden Lächeln und legt selbige ebenso sorgfältig, wie sie der Kundentasche entnommen wurden, in ihre Kassenschublade. Es scheint die Weitergabe positiver Energie in Reinform zu sein. Und die ist nun mal mit der herrschenden Vorstellung von Zeit schwer zu reglementieren.

Ich konnte noch nicht in Erfahrung bringen, was man macht, wenn man es eilig hat - wahrscheinlich geht man dann einfach nicht in den Supermarkt. Aber natürlich bin ich mittlerweile im Besitz eines Bonuspunktekontos, denn schließlich will ich mich ja integrieren. Und Supermarkt ohne Bonuskonto ist wie Yoga ohne Matte - geht, aber professionell ist anders.

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