Sonntag, 5. Februar 2012

Kiezkonzert

Das Phänomen der Gentrifizierung ist in allen großen Städten vorzufinden. So sammeln sich gemeinhin die Jüngeren und Gutverdienenden in den angesagten Stadteilen an, genießen den speziellen Flair des Viertels und drängen doch gleichzeitig die einstigen Bewohner in die Randbezirke zurück. War in meiner alten Heimat Berlin am Prenzlauer Berg quasi im Zeitraffer mitzuverfolgen - die Substituierung der Ost-Berliner-Eckkneipen durch Latte-Macchiato-Cafés, Asia-Restaurants oder Yoga-Studios ist legendär. Hier in Brüssel ist alles ein bisschen durchmischter, da sich die Stadt ja sowieso nicht als Gesamtzusammenhang, sondern als Ansammlung von 19 Gemeinden versteht. Dennoch gibt es sie hier natürlich auch: die Gegend, in der alles ein bisschen hipper und schicker und teurer ist ... oder zumindest sein will. Und wenn man in einer solchen Gegend dann an einem Samstagabend zufällig in einer Kneipe landet, die noch aus der Kiezvergangenheit stammt, dann hat man ganz kurz das Gefühl in eine Parallelwelt einzutauchen. Diese wird bewohnt von Paaren jenseits der 60, die sich gerade für 15 Euro ein 3-Gänge-Menü einverleibt haben und sich jetzt selig grinsend mit der Flasche Rotwein auf dem Tisch auf der Eckbank zurcklehnen und dem Konzert der Furious Four lauschen. Musik aus den 60ern steht auf dem Flyer. Ein paar wenige tanzen und mindestens drei Hunde laufen von Tisch zu Tisch und werden gehätschelt. Die Protagonisten selbst haben die 60er-Jahre wahrscheinlich schon Autofahrend erlebt. Rocken aber, was das Zeug hält. War super. Wir waren augenscheinlich die einzigen, die sonst nicht da sind, wurden aber mit Kopfnicken von allen Seiten anstandslos in die Kneipencommunity integriert. Nach ein paar Bier am Tresen, wurden wir von der Besitzerin zum nächsten Konzert am 3. März eingeladen. Ist eingetragen.Und dann ging's wieder raus ins richtige Leben .. oder einfach in die andere Parallelwelt?


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