Donnerstag, 25. März 2010

Himmelsweinen

"Wenn Engel reisen, dann lacht die Sonne". Und was passiert, wenn die Engel wieder abreisen? Dann weint der Himmel! Eigentlich wollte ich nach meinem Ausflug in den Supermarkt einen Eintrag über das Frühlingserwachen schreiben (das hier seit meiner Ankunft fühlbar, sichtbar und riechbar ist), dachte kurz sogar darüber nach, den Beitrag Sommererwachen zu nennen, weil es heute fast heiß war (und wer mich kennt, wird wissen, dass ich ziemlich hitzeunempfindlich bin, während mich Kälte stresst). Aber dann auf dem Nachhauseweg - platschplatsch - pflasterten dicke Regentropfen meinen Weg.

Und jetzt hat es dann mal richtig abgeregnet. Zum ersten Mal seit ich da bin, obwohl diese Stadt ja ganzjährig im Bereich des Westwindgürtels liegt. Das heißt, dass der Wind meistens aus Westen kommt. Dadurch sind die Winter mild, weil sich der Ozean sehr viel langsamer abkühlt als das Land und idealerweise diese milde Meeresluft direkt nach Brüssel transportiert wird. Die Sommertemperaturen werden hier dagegen - laut Klimaplan - durch eher kühle Meeresluft "abgemildert". Das wiederum bedeutet verkürzt: die Luft ist tendenziell immer feucht und Abregnen tut sich das Ganze auch gerne über der europäischen Metropole. Na toll!

Dabei wollte ich doch einsteigen mit dem schönen Gedicht: Frühling läßt sein blaues Band/Wieder flattern durch die Lüfte/Süße, wohlbekannte Düfte/Streifen ahnungsvoll das Land... (von Eduard Mörike, um Wissenslücken zu schließen). Ich habe ja schon erwähnt, dass die Stadt mit mir kommuniziert und deshalb weint jetzt eben der Himmel, weil ich mich für ein paar Tage von ihr verabschieden werde. Merci beaucoup - dank u wel!! Und im März Aprilwetter zu haben ist doch eigentlich auch besser als im August ... und: noch wichtiger, es hat schon aufgehört: alles wieder eitel Sonnenschein (und deshalb stelle ich jetzt auch das Frühlingsblumenbild rein, obwohl es kein optisches Highlight ist).

Mittwoch, 24. März 2010

Polen


Generell stelle ich wahrscheinlich - gemessen an den Lösungen, die ich präsentiere - zuviele Thesen im Alltag auf. Aber schließlich muss ich manchmal meine empirische Vorbildung ins Felde führen und zugleich finde ich es spannend, Konstruktionszelte über der Wirklichkeit aufzuschlagen. Wenn wir ehrlich sind, dann glaubt doch keiner von uns daran, dass alles so ist wie es zu sein scheint. Aber ummantelt vom Alltag fügen wir uns dieser Primärthese, weil wir platt, müde oder gerade zu unkreativ sind, was anderes zu denken.
Ist so. Ist auch nicht schlimm.
Zurück zu den Thesen. Mir ist gerade wieder eine eingefallen. Beim Lesen eines sehr witzigen und aufschlussreichen Buches, das mir eine Freundin geschenkt hat. "Viva Polonia" heißt es und ist von Steffen Möller. Ein Wuppertaler, der auszog das Polnische zu lernen. Großartig! (Die Freundin, die es mir geschenkt hat, ist Polin. Einerseits mag ich sie jetzt noch ein bisschen lieber als vorher, weil sie einem beim Lesen einfach ans Herz wachsen, die warmherzigen Polen. Andererseits finde ich es natürlich doof von ihr, dass sie mir nie erklärt hat, dass es im Wesen des Polens liegt, immer und jedem Komplimente zu machen - ich dachte echt jedes Mal, sie meint das ernst ;-))...und beim Lesen ist es mir dann wie Schuppen von den Augen gefallen - taraaa und Achtung, hier kommt die neuste These:
Der Belgier ist der Pole Westeuropas! Jawoll.
Lässt sich auch ganz einfach belegen:
1. Wenn sich ein Auto, das seinen Besitzer liebt und bei ihm bleiben will, ein Land aussuchen kann, dann sicherlich ein anderes/sichereres.
2. Städtebaulich herrscht Individualismus vor (der von Außenstehenden gerne als "verbaut" bezeichnet wird).
3. Wenn gebaut wird, dann in sehr unkonventioneller Art und Weise - was sowohl das verwendete Material, als auch die Dauer der Bauarbeiten betrifft.
4. Und: es gibt diese wahnsinnig überzeugende Entspanntheit im Alltag. Okay: vieles klappt nicht und der Bus ist immer unpünktlich. Aber dafür hält der Busfahrer auch NACH der eigentlichen Haltestelle nochmals an, wenn er sieht, dass ich noch mit will. Dann kann er ja nicht pünktlich sein. Und ich möchte ihm um den Hals fallen und laut "dziękuję bardzo" rufen!

Montag, 22. März 2010

Hunde 3

Es ist unglaublich, was einem hier so alles begegnet. Und wieviel davon mit Hunden zusammenhängt. Ich hatte wirklich noch nie einen besondern Bezug zu Hunden. Meine Kindheit - wie so viele andere - war geprägt durch Wellensittiche (Maxi & Pipsi), die ihr sonniges Schattendasein auf dem Küchenfensterbrett fristeten. Meine Eltern wollten keinen Hund (sie hatten ja schon drei Kinder und somit genug Verpflichungen). Okay, meine beste Freundin hatte einen tollen (Mischung Straßenköter mit dem in Westdeutschland irritierenden Namen Ossi - war jedoch abgeleitet von Oswald), aber diese Beziehung ist ja keine echte (sondern vielleicht vergleichbar mit einer Facebook-Freundschaft - man kennt sich nicht wirklich...).

Ansonsten sind Hunde für mich böhmische Dörfer.
Und zunehmend werden sie zu belgischen Dörfern.

Ich dachte eigentlich, der Deutsche wäre ein Held der Straßenverkehrsschilder - aber ich muss den Medallienspiegel in dieser Disziplin korrigieren: der Belgier kann was. Und wie immer ist es zugleich etwas Absonderliches: Er kann Hundeschilder (so schlicht er da steht - nie im Leben hätte ich gedacht, je einen solchen Satz zu formulieren/ geschweige denn zu denken).

Beim Sonntagsspaziergang habe ich folgendes Schild entdeckt. Eine Lebensbotschaft möchte ich meinen : "Hier mag ich laufen - in aller Freiheit" ... schön, finde ich, und werde es den Hunden gleichtun ;-)

Donnerstag, 18. März 2010

Büchlein

Manchmal beneide ich sie. Die schicken, jungen Leute, die ganz legèr gekleidet überall auf der Welt in den Cafés sitzen und bei einem Getränk ihrer Wahl (in Berlin war es der Latte Macchiato, in Brüssel ist es die antialkoholische Variante des caipirinhas: ein Tee aus frischer Minze und in Bali wird es wohl ein Lassi sein ... nur um mal wieder konsequent beim B zu bleiben) ihre Geistesblitze oder ähnliches in das stylische Laptop (mit dem mit Birnen nicht zu vergleichenden Emblem auf des Computers Rückseite) vor sich tippen. Sie sitzen da, als wären sie sorglos und schaffen all das scheinbar nebenbei, wozu sich Leute wie ich normalerweise ins Büro quälen müssen (okay: quälen musste ich mich nie - aber da bleiben, und das war dann manchmal eine Qual der Wahl).

Dennoch: auch wenn kein Büroalltag den Tag strukturiert, müsste ich mich für eine solche Aktion erstmal mindestens eine Stunde in Form bringen. Nein, damit ist kein Sportprogramm oder gar Botox gemeint - sondern die Expedition Kleiderschrank, denn schließlich muss man zum Ambiente des Cafés passen (man kann sich auch over-/underdressed anziehen - hat dann aber weniger Spaß, meine ich). Dann würde eine weitere Stunde folgen, in der ich, mein Laptop im Arm schlendernd durch die sich gerade anbietende Stadt schlendere (so: und auch hier ist doch schon das nächste Problem: so leicht ist doch das Ding gar nicht - und meines gehört nun wirklich nicht zur Marke uraltundsuperschwer), denn wenn ich das nicht tue und den schnellsten Weg nehme, dann isses ja doch wie ins-Büro-gehen. Im Café angekommen, würde ich ein Heiß-/Kaltgetränk meiner wahr bestellen und es in einem Zug leeren (das mache ich schon immer so - alle Kneipenbesitzer freuen sich über Gäste wie mich - und finanzieren sich darüber). Noch schneller, als ich mein Flüssiges inhaliere, ist dann bestimmt mein Akku am Arsch (schöner: leer). Super entspannte Sache würde ich da mal sagen...

Nein, dann bleibe ich doch bei der mir vertrauten und für mich entspannteren Variante: ich schlendere durch die Gegend, lasse mich dann und wann mal nieder (auf einer Parkbank mit einer Wasserflasche oder im Cafe zum Kaffee/Tee - gerne auch mal einem Bierchen oder Weinchen zu späterer Stunde) und schreibe handschriftlich auf, was mir so passiert ist, an was ich denke, was ich nicht vergessen will, was wichtig sein könnte ... und so fort.
Eine Freundin hat mir zum Abschied ein Moleskine für Brüssel geschenkt - sehr geil! Hat einen Stadtplan und Raum für Notizen und schließlich haben auch schon große Literaten und Künstler wie Bruce Chatwin, Ernest Hemingway, Oscar Wilde, Pablo Picasso, Vincent van Gogh und Henri Matisse ihre Ideen darin niedergeschrieben. Ich könnte mich in eine große Tradition einreihen. Würde ich mich auch gern. Aber trau mich nicht. Weil das Büchlein so schön ist. Und ich mir so genau überlege, was ich da reinschreibe, dass ich dann erstmal nix auf die kostbaren Seiten schreibe, sondern weiterhin auf olle Notizzettel....
Und weil ich das jetzt so doof fand und den Luxus, dieses Büchlein zu haben, doch auskosten wollte, habe ich mir einen Bleistift zugelegt. Da kann ja nix schiefgehen. Ist ja alles wieder rückgängig zu machen. Der goldenen Mittelweg der Unentschlossenheit .... hach, wie gesagt: manchmal beneide ich sie....

Dienstag, 16. März 2010

Fritten


Die drei großen B (in Brüssel) habe ich bereits erwähnt - oder? Falls nicht, dann muss das an dieser Stelle kurz nachgeholt werden:
1. Belgische Fritten
2. Belgische Waffeln
3. Belgisches Bier
Reihenfolge variabel, gerne auch alles zusammen und zum Erschrecken aller Gesundheitsfanatiker sieht der Brüssler (wahlweise eine zierliche Paris-Brüsslerin) beim Verzehr der großen B glücklich und gesund aus. Okay, natürlich begegnen sie mir morgens auch beim Joggen im Park und klar gibt es hier ebensoviele/bessere Bio-Produkte als in Deutschland - aber der Absolutismus fehlt. Es gibt kein "entweder - oder". Es gibt nur ein "und".
Und das führt wiederum dazu, dass man auf den Place de Jourdan (ziemlich am Fuße des Europäischen Viertels) alles haben kann: französische Atmosphäre, belgische Fritten und die Erlaubnis, letztere in die Kneipen drumherum mitzunehmen. Einfach so. Als Snack zum Bier. Als lokales Zugeständnis (im wahrsten Sinne des Wortes), dass Fritten nirgends in Belgien - ach was: der Welt - besser sein können als hier. Die Fritten-Bude am Brüsseler Place Jourdan wurde vor 60 Jahren vom Namensgeber Antoine Desmet gegründet und gibt offenherzig die zwei großen Geheimnisse guter Fritten preis: das Fett ist Rindertalg, weil dieser den Fritten ein Aroma Richtung Haselnuss verleiht, und selbiges darf einfach nie abkühlen. Man kann dazu stehen wie man will (ich selbst mag Fritten gar nicht so gern - habe höchstens nach ein paar Bier Bock darauf), aber wer auf diesem Platz steht und die Schilder an den Kneipen drumrum sieht, das Lebensgefühl spührt, wird verstehen, was ich meine. Ahhh! Just be bruxelles!

Ziegenkäse

















Mit Ziegenkäse verhält es sich kulinarisch gesehen wie mit Lammfleisch: entweder man mag es oder nicht. UND: selbst wenn man es mag, soll es anscheinend nach allem möglichen schmecken, aber möglichst nicht nach sich selbst.

Nach einer umfassenden Feldstudie (mindestens 1000 Folgen "Das perfekte Dinner" im Selbstversuch; also ausreichende Grundgesamtheit zur empirischen Erhebung scheint mir somit gegeben), lässt sich festhalten, dass ein Hobby-Feinschmecker (und zwar einer der Sorte, die gerne mal was ausprobiert und weiß, dass die Zwischenkommentarsfilmchen nachher auch gesendet werden) nach Ziegenkäse- oder Lammfleischgenuss IMMER behauptet: "Das war echt lecker. Das hat gar nicht nach Ziege/Lamm geschmeckt." Na prima. Da kann man ja gleich seine Küchenzelte im Raumschiff Enterprise aufschlagen und über Replikatoren ein Duplikat der uns bekannten Nahrungsmittel erstellen. Nicht perfekt, aber wenigstens geschmacklich nicht so ausgeprägt.

Aber für Ziegen und Lämmer hat diese Missachtung schon fast Tradition, gehören sie doch zu den gängigsten Opfertieren der biblischen Erzählung. Das Lamm als Symbol der Wehrlosigkeit und des unschuldigen Leidens und die Ziege (besser: der Ziegenbock, denn schließlich mussten Opfer immer einjährig und männlich sein) als Symbol der Kraft und des Durchsetzungsvermögens. Ich finde, dass sich zuletzt dadurch die Ziege ihr Recht auf einen durchsetzungsstarken Geschmack verdient hat - take it or leave it. Auf dem Markt um die Ecke habe ich jedenfalls ein schönes Stück erstanden. Es gab eine riesige Auswahl an Ziegenkäse (chèvre), aber leider konnte ich aufgrund begrenzter Französischkenntnisse nur lapidar in die erste Reihe deuten (aber bin dennoch aromentechnisch dem Frischkäse-Dasein entstiegen). Bon appétit!

Montag, 15. März 2010

Hunde 2



















Über das Kack-Verbot auf Brüssler Gehsteigen habe ich schon berichtet. Das mag jetzt den ein oder anderen Hundebesitzer auf die Palme getrieben haben, denn schließlich ist ein Hund auch nur ein Mensch und muss eben auch mal müssen dürfen und können. Und wenn das alles in einer Stadt wie Brüssel nicht erlaubt ist, ja, dann bleibt der erzürnte Hundebesitzer eben wo er ist und nach Brüssel sollen sich die abgehalfterten Landespolitiker verpissen (oder eben, um in diesem Beispiel zu bleiben, auch nicht).

In der Tradition der Völkerverständigung und der Aufklärung zugleich muss ich an dieser Stelle klarstellen: keine Aufregung! Alles nicht so schlimm! Auch das Töpfchengehen des besten Freundes des Menschen in der Öffentlichkeit ist hier in der europäischen Hauptstadt kein Problem. Man - respektive Hund - muss nur wissen wo und wie.

Wer jetzt erwartet, dass ich einen Gassiplan mit Austrittsecken darbiete - weit gefehlt. Die Systematik folgt wie immer dem schönen Brüssler Grundsatzt: es gibt Regeln, keiner weiß wie sie lauten, aber alle halten sich dran. Vielleicht kann man sich vereinfachend merken, dass die Hundetoiletten aussehen wie deutsche Spielplätze - nur sauberer ;-)

Pyramiden
















Als ich am ersten Abend hier in Brüssel vom kleinen Balkon am Schlafzimmer über die Dächer Brüssels schaute, sind sie mir gleich ins Auge gestochen: die drei Pyramiden. Ich war fasziniert. Zwar wusste ich, dass der Orient hier in der Stadt durch Menschen, Restaurants und Lebensart durchaus vertreten ist, aber dass er hier auch architektonisch in dieser speziellen Form seinen Ausdruck findet, war mir neu. Was konnte das bedeuten?

These 1: Der Brüssler - ein Verschwörungstheoretiker? Nicht, dass ich mich schon umfassend mit dieser mit dieser Materie beschäftigt hätte, aber natürlich habe ich vor Jahren den Film "23" gesehen (den ich an dieser Stelle allen, die ihn noch nicht kennen, ans Herz legen möchte). Und natürlich habe ich Dan Browns Bestseller "Sakrileg" gelesen (kann man, muss man nicht). Und natürlich liegt da der Schluss nahe, auch diese Pyramiden könnte ein Machwerk der Illuminatoren sein.

These 2: Der Brüssler - ein Vergnügungsjunkie? Als Vorbild aller Vergnügungsschtigen muss bei jedem Versuch, alles Bestehende zu toppen, Las Vegas herhalten. Die Stadt mitten in der Wüste bietet alles, was dort so überhaupt nicht hingehört und ist eine surreale Vedichtung von Traum und Alptraum einer künstlichen, etwas runtergekommenen Glitzerwelt (um so kurioser scheint es da zu sein, dass unsere deutsch, bodenständige Sportlegende Steffi Graf diese Gegend zu ihrer Wahlheimat erklärt hat). Dort, am südlichen Ende des Stips befindet sich das Luxor - ein Vegnügungstempel der den drei giganischen Frittenbuden in Brüssel als Vorbild gedient haben könnte?

These 3: Alles ganz anders?
Tja, war ja irgendwie schon klar: der Brüssler ist weder Illuminator noch andersweitig größenwahnsinnig. Bei den drei Pyramiden handelt es sich um die ehemalige "Caserne Prince Baudouin", die Anfang er 90er zu einem Geschäfts- und Wohnkomplexx umgebaut wurde Kasernen. Aber bei Nacht sehen die Dächer trotzdem wie Pyramiden aus!

Freitag, 12. März 2010

Waffelwagen
















Wenn mich jemand fragen würde, wie Brüssel riecht (und weil das vielleich nie jemand tun wird, mache ich das an dieser Stelle sicherheitshalber gleich selber mal - also Frage wie beschrieben), dann wäre meine Antwort: nach Waffeln. Nach frischen, warmen Waffeln. Buttrig. Überall. Der Brüssler liebt diese Dinger.

Er stellt sich in lange Schlangen vor den Verkaufstheken der Waffelläden (die Eisdielen gleichen) an, um das heiße Gebäckstück käuflich zu erwerben. Es kann nur beim Eintreffen von Bananen in der ehemaligenn DDR vergleichbaren Menschenansammlungen zur Huldigung von Nahrungsmitteln gegeben haben. Bekommt man bei den Streifzügen durch Brüssel Hunger auf Waffeln, dann kann man sich also erstens am Geruch orientieren oder zweitens an den langen Menschenschlangen. Und sollten beide Frühwarnsysteme nicht funktonieren, gibt es ja zum Glück eine Art Rettungswagen, der den Waffelnotstand behebt: der Waffel-Bus. Die kleinen gelben Busse gehören zum Stadtbild wie das Yellow Cab zu New York.

Ich frage mich, ob sie auch eine spezielle Rufnummer haben - muss ich noch rausfinden. Dann könnte man den Bus zu einer Party bestellen, wenn ein Gast (nach Verputzen des dargebotenen Buffets) noch nach einem kleinen Waffel-Nachschlag ist. Denn der Belgier scheint über zwei Mägen zu verfügen: einen für alles (inklusive Fritten) und einen für die Waffeln (und Pralinen). Anders kann man sich die Unmengen von Waffelteig, die tagtäglich in dieser Stadt produziert werden müssen, kaum erklären.

Pannen-Lift



















Ich wohne momentan im 10. Stock eines Hochhauses. Das ist wunderschön, wenn man oben angekommen, den unversperrten Ausblick über die Stadt genießen kann. Das ist etwas weit oben, wenn man die gefüllten Einkaufstüten zu Fuß in die Wohnung bringen will. Aber da haben sich
schlaue Erfinder ja schon im vorletzten Jahundert etwas einfallen lassen: den Personenlift (maßgebend für den Durchbruch der Lifte weltweit war die Erfindung des absturzsicheren Aufzugs im Jahre 1853 durch den Amerikaner Elisha Graves Otis - an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank). Dass Aufzüge manchmal ihren Dienst versagen ist nichts wirklich Neues für mich. So gab es beispielsweise bei meiner letzten Arbeitsstelle regelmäßigen Informationsflurfunk darüber, welcher Lift gerade mal wieder nicht funktioniert und mit welchem es vermeindlich unkompliziert nach wahlweise oben oder unten geht. Es hingen dort dann offizielle Schilder mit der Aufschrift "Funktionsstörung - die Wartungsarbeiten durch die Firma xy werden in der 23. Kalenderwoche durchgeführt".
Der Aufzug hier im Brüssler Hochhaus funktioniert auch gerade nicht (um genauer zu sein: nur einer der beiden, die zur Wahl stehen). Überrascht hat mich das wie gesagt nicht, aber sehr schön ist allerdings das selbstgemalte Warnschild mit der Aufschrift "! En panne" ... Ich finde die kleinen Pannen im Leben netter als die offiziellen Funktionsstörungen.


Mittwoch, 10. März 2010

Hunde

















Bevor ich nach Brüssel gekommen bin, habe ich in einer Stadt gelebt, in der der Winter eisig kalt ist. Sibirisch. In der sich jeder freut, wenn steigenden Temperaturen zur Schnee- und Eisschmelze führen und somit der Frühling Einzug erhält. Doch halt: immer dann gibt es genau eine Sache, die die Vorfreude auf den Frühling zerschlägt. Um genauer zu sein: zermatscht. Es ist das Abschmelzen der gefrogenen Hundekothügel. Einmal kurz mit den winterlichen Profilsohlen in die braune Masse gedippt, entfaltet sich schon nach kürzester Zeit ein Geruch, gegen den Krokusse einfach keine Chance haben.
Der patente Belgier ist dem ersten Eindruck nach (selbigen habe ich mir durch enschlägige Literatur und Erzählungen aus den engsten Bekanntenkreis erworben und bin gerne bereit, alles nach einer kurzen Phase des Einlebens bei Bedarf zurückzunehmen) kein Freund der großen "Jetzt bringen wir alles mal wieder in den perfekten Ausgangszustand zurück"-Aktionen.
Deshalb hat er wohl vorsorglich diesen schönen Warnhinweis auf den Gehsteigen angebracht (siehe Bild) der doch vielleicht als Modell für andere Städte gelten könnte...

Angekommen

Ja, vor ein paar Tagen bin ich hier in meiner neuen Heimat Brüssel eingetroffen. Mit mir gemeinsam der Sonnenschein und ein Geruch, der signalisiert, dass der Frühling nicht mehr weit sein kann. Perfekt. Ich verstehe das als Willkommensgruß dieser Stadt an mich (jaja, ist nicht exklusiv, ich weiß, aber ich denke, dass ich das durchaus so wahrnehmen sollte). Und ich grüße zurück: nehme die Stadt bei langen Spaziergängen in all ihrem Facettenreichtum wahr, freue mich über die Absurditäten des Alltags und genieße das Zusammenspiel aus französischem Charme und belgische Gelassenheit. Um nichts davon zu vergessen, habe ich beschlossen, die Erlebnisse, Eindrücke und Kuriositäten in und aus Bruxelles in diesem Blog festzuhalten.
On y va!