Samstag, 29. Mai 2010

IKEA

Billy - noch so eine B-Konstante, die sich durch mein Leben zieht...
Nein: kein Mann, kein Pferd - richtig: das Regal.
In meiner Studenten-WG war's quasi noch ein Highend-Möbelstück. Alternativ zu übereinandergestapelten Weinkisten oder simplen Holz-Kellerregalen, die auch als Bücherregal taugten. In der Praktikumszeit dann sowas wie der Grundstein zur Schrankwand. Beim Zusammenziehen mit dem Partner sorgte Billy für Gesprächsstoff à la "Wer hat die bessere Farbe ausgesucht?" und "Wer hat mit welchen Hilfsmitteln aufgebaut?": Und selbstredend sorgte es gleich danach auch für Konfliktpotential: "Welches Billy bleibt?".
Nun also der Umzug ins Ausland. Müssen die Billys mit? Nein, schließlich ist man erwachsen und benötigt dieses Regal so wenig wie das Alete-Gläschen (nur um hier mal Wettbewerbsgleichheit herzustellen /nein, dies ist kein Werbeblog). Oder vielleicht doch mitnehmen? Denn schließlich kann man sie ja im Keller oder Abstellraum bestimmt gut gebrauchen.
Das Ende vom Lied: Sie stehen jetzt nach wie vor das Wohn- und Gästezimmer.
Letztes Wochenende sollte es dann kurz noch was Praktisches für neben den Schreibtisch sein ... "Hello Billy, nice to meet you in Belgium!". Aber so vertraut der Gang in den schwedischen Möbelladen dann auch war: EINEN Unterschied zum Rest der Welt gibt es in Brüssel IMMER: Waffeln! An der Stelle, bei der bei IKEA überal auf der Welt (wahrscheinlich) Hot-Dogs verkauft werden, gibt es für den belgischen Waffel-Junkie das das ersehnte Gebäckstück, präsentiert auf schwedischem Furnier ... einfach unglaublich ... aber das passt ja dann auch irgendwie zur Geschichte "Nie wieder Billy": beides ist für Menschen, die weder den Waffeln noch Billy verfallen sind, schwer nachvollziehbar...

Freitag, 28. Mai 2010

Dreifaltigkeit



... nur als kleiner Nachtrag, weil es mir am letzten - seeeehr sonnigen - Pfingstwochenende beim Blick auf die Trinidad-/Dreifaltigkeits-Kirche (also Vater-Sohn-Heiliger Geist - und nicht die Fußballmannschaft mit Tobago)eingefallen ist (also ehrlich gesagt wird das jetzt eine kleine Klugscheißrunde...): Pfingsten ist ja der Feiertag des Heiligen Geistes (also so wie Weihnachten für Jesus). Und das Pfingsten-Storyboard ist quasi die Beschreibung des Wunders, dass ab diesem Moment die Jünger, die in Jerusalem (das schon immer sehr international war) zusammengetroffen waren, plötzlich in sämtlichen Sprachen sprechen konnten und auch alles verstehen. Damit wurde aus christlicher Sicht die „Babylonische Sprachverwirrung“ aufgehoben, mit der Gott die Menschen für den Turmbau zu Babel bestraft hatte (somit: Koordinierung für einen neuen Bau: impossible).
Irgenwie finde ich, dass diese Geschichte zu Brüssel passt. Alle kommunizieren hier. Ständig. In sämtlichen Sprachen. Bestimmt nie perfekt - aber es gibt so einen Geist, der da über allem schwebt: das "on s'arrange" ("Man versteht sich/ man arrangiert sich/ man wird schon irgendwie parat kommen"). Ein - finde ich - sehr Brüssler/belgischer Umgang mit den Widersprüchlichleiten des Lebens. Pfingsten hier hat sich also die Sonne verdient!

Donnerstag, 27. Mai 2010

Tomatenküche



Habe beschlossen diesem Bild doch einen ganz eigenen Beitrag zu widmen. Denn erstens hat es eine Geschichte, zweitens einen Zwillingsbruder und drittens eine Mission. Und das sollte doch für ein paar Zeilen reichen.
Die Geschichte? Es war ein selbstgemaltes Geschenk meiner Schwester an mich, als ich vor mehr als 5 Jahren in die letzte Wohnung in Berlin eingezogen bin. Dort fristete es allerdings ein Schattendasein im Spalt zwischen Waschmaschine und Kühlschrank.
Womit wir beim Zwillingsbruder wären: es gab nämlich ein zweites Bild, mit Zitronen statt Tomaten, und das passte farblich einfach besser in die letzte Küche.
Nun muss ich vielleicht zufügen, dass ich fast nichts so gerne mag wie Tomaten (Ja, bei der Inselfrage "Was würden Sie mitnehmen...", wäre eins der drei Dinge sicherlich Tomate und die weltbeste Tomatensoße war quasi der nonverbale Heiratsantrag von Herrn B.) - und deshalb steht das Tomatenbild jetzt endlich im verdienten Mittelpunkt der neuen Küche in Brüssel. Und es hat eine Mission: es steht als Hinweis dafür, dass jetzt mehr zuhause gekocht wird!
(Zugegeben: bei den Restaurantpreisen ist das reiner Selbstschutz;-) Naja, alternativ könnte es daran erinnern, dass genügend Tomaten-, Dosentomaten- oder Ketchup-Vorräte im Haus sind...)
@Christiane: Merci beaucoup!

Mittwoch, 26. Mai 2010

Erdbeerzeit



Manchmal bin ich zu ungeduldig - mit mir selbst, mit anderen, beim Anbraten von Fisch und wohl auch beim Erdbeer-Einkauf sowie beim Wetter.
Heute hat es hier wie aus (sehr großen) Eimern gegossen - und damit waren quasi gleich beim Aufwachen all meine Tagespläne zerstört. Ich hatte mir eine Mittwoch-Liste geschrieben: mit Dingen, die gemacht werden müssen, aber keinen Spaß bereiten (ich erzähle die Arbeitsamtsstory ein anderes Mal, ok?) und zum Ausgleich mit Dingen, die richtig nett sind (dazu gehörte der erste Besuch des Mittwoch-Marktes hier um die Ecke auf dem Place du Châtelain).
Shit, bei dem Wetter hatte ich natürlich weder Bock auf das eine noch auf das andere und habe mich der kleinen indoor-to-do-Liste gewidmet (und war kurz davor über das Brüssler Wetter zu schimpfen - aber das war ja bisher so gut zu mir, dass ich mich nicht traute).
Wie gesagt, manchmal bin ich zu ungeduldig. Denn den Ämtergag musste ich ja machen, und dannach war das Wetter zumindest so gut/trocken, dass ich auch dem doch noch den Markt in Angriff nahm. SEHR gute Entscheidung! Die Atmosphäre dort zieht automatisch alle Mundwinkel nach oben - versprochen ;-) Habe unter anderem Erdbeeren gekauft (1,5 Kilo belgische für 5 Euro). Und endlich die einfache Antwort auf die Frage gefunden, die mich die letzten Wochen im Supermarkt beschäftigt hatte: Wer kauft denn 500g Erdbeeren für 5 Euro? Na? Natürlich bezahlt der, der nicht warten kann. Der muss einen höheren Preis zahlen oder die billigeren aus Spanien nehmen (habe ich hier aber nicht so oft gesehen). Denn Saison ist Saison - und es ist ja kein Geheimnis, dass die Sachen, die gerade Jahreszeit haben eingach auch besser schmecken.
Also: ruhig Brauner, immer schön warten. Alles hat seine Zeit: die Erdbeeren und auch die Sonne (die heute Abend dann doch noch kurz raus kam).

Dienstag, 25. Mai 2010

Belgacom


Darf ich vorstellen: unser neuer Mitbewohner - das Belgacom-Telefon!

Es funktioniert - seit heute. Und das, nachdem ich schon fast gemutmaßt hatte, Opfer eines "Versteckte Kamera"-Einsatzes geworden zu sein. Vor ein paar Tagen waren nämlich zwei junge Elektriker hier, die den Zugang freischalten sollten (Nummer hatten wir ja in der Übergangswohnung schon - und eigentlich könnte man theoretisch diese Dienstleistung auch telefonisch erbringen, ABER eben nicht beim Telefonanbieter). Erst verschwanden die beiden mit geschätzten 10 Koffern im Keller (um dort die richtige Leitung zu identifizieren???), dann setzte sich einer von ihnen im Wohnzimmer vor die Steckdose und klemmte sich einen Schuhkarton-großen Hörer unters Ohr und versuchte zigtausendmal mittels Klemmen Kontakt zum Kabel in der Wand aufzunehmen. (Ja, man ahnt es: vergeblich...esmachtimmertuttutganzlautimmertuttut...)
Das ist der Moment, in dem
1. der Belgier auf das alles entschuldigende "désolé" zurückgreift. Wörtlich übersetzt etwa "untröstlich", aber eigentlich die sprachliche Allzweckwaffe für: "funktioniert nicht - nie mehr, ich kann's einfach nicht ändern, ich habe gerade keine Zeit/Lust mich drum zu kümmern, ich hab nicht zugehört, will aber Anteilnahme signalisieren...")
2. jeder Deutsche sofort an "Verstehen Sie Spaß?" mit Paola und Kurt Felix denkt und sich mit angezogenen Schultern vorsichtig nach links und rechts dreht, um die Kamera zu suchen.

Konsequenz der ganzen Aktion: keine. Die Leitung sei tot, da könne man nix machen.
Heute war dann ein erfahrener Elektriker da - und somit der Anschluss kein Problem. Hmm ... was soll ich sagen?
Ich kann's (mir) nicht erklären - désolé ;-)

Montag, 24. Mai 2010

Weltraumforschung

So, jetzt sind wir also endlich in unsere "richtige Wohnung" in Brüssel eingezogen. (Sehr schön hier, obwohl der Blick über die Dächer von Bruxelles jetzt durch einen über die Gärten von Kleinfamilien ersetzt wurde und sich die neue Nachbarschaft auch erstmal gegen Signore S. beweisen muss). Allerdings haben wir die letzten Tagen eher mit Ausmisten als mit Einrichten verbracht (und uns somit aller Dinge entledingt, von denen man vor dem Umzug denkt, dass man sie bestimmt noch mal gebrauchen könnte...). Das führte dazu, dass im Schlafzimmer noch kein Vorhang hängt. Jetzt denkt natürlich jeder, dass ich das problematisch fände, weil ich nicht Big-Brother-like zur Straße leben möchte. Das ist so falsch nicht, aber in Belgien hält das Leben ja immer eine "es geht noch absurder"-Variante bereit.

Direkt gegenüber steht eine Straßenlaterne - und die hat wohl nicht nur den Auftrag, den nächlichtlichen Kneipenbesucher sicher nach Hause zu geleiten, sondern auch sämtliche Weltallexpediteure. Wie ich darauf komme? Na, in der Astronautenszene nennt man das beleuchtete Autobahnnetz Belgiens (circa doppelt so dicht wie in Deutschland und durchgängig ausgeleuchtet) "The Belgian Window" und nutzt es als Orientierungspunkt auf der Erde genauso wie die Chinesische Mauer.

Ich glaube ja, dass mittlerweile auch zwischen den Autobahnen ausgeleuchtet wird. Zum Beispiel in unserer Straße. Und deshalb bin ich jetzt ein Bestandteil dieser Fixpunkt-Funktion für Astronauten. Das kostet mich den Schlaf - aber, wenn es der Wissenschaft dient...




... da Nächte ausschließlich im Dienste der Wissenschaft auf Dauer nicht erholsam sind, habe ich wieder was aus dem "Hau weg die alte Scheiße"-Haufen gezogen, und daraus eine Weihnachtspapier-Tesafilm-Abdunklung für das Schlafzimmer gebastelt. Nicht nur aus der Weltraumforschung kommen Dinge, die das Leben erleichtern.

Samstag, 15. Mai 2010

STIB

Muss heute noch zum Flughafen. Gepackt habe ich schon und bin auch ansonsten startklar. Es ist allerdings noch nicht gesagt, dass ich den Flieger pünktlich besteige - und das hat in diesem Fall nichts mit der Vulkanasche zu tun (kurios, oder? Bis vor kurzem hätte kein Mensch Vulkanasche als Grund für irgendetwas angeführt und mittlerweile füllt sie sämtliche Unterhaltungen an).
Nein, hier in Brüssel hängt das persönliche Fortkommen (zumindest, wenn es sich auf die Wegstrecke von A nach B bezieht und, wenn man KEIN Auto hat) von der STIB ab. Den Anbieter für öffentlichen Personennahverkehr in Brüssel. Die STIB sorgt dafür, dass die Metro-Bahnhöfe mit Kunstwerken ausgestattet und mit Pop-Musik beschallt werden. Und sie sorgt dafür, dass die Menschen in Brüssel nicht veblöden, in dem sie sie regelmäßig zum Gehirnjogging bei Lesen der Fahrpläne zwingt. Es gibt hier ein ziemlich komplexes System aus "Wenn, dann"-Bedingungen. Wenn es sich um einen Montag handelt, dann fährt der Bus normal, aber nicht, wenn darauf ein Feiertag folgt oder Ferien sind oder der Montag ein gefühlter Sonntag ist. Manchmal fährt der Bus, den ich nachher nehmen muss zum Flughafen, manchmal aber auch nicht, manchmal nur nicht morgens und manchmal nur dann, wenn man an einer anderen Stelle zusteigt.
Ach, wie einfach ist doch das Leben und Fliegen mit Vulkanaschen...
(aber die netten alten Trams erinnern an Lissabon und dann isses irgendwie auch wie Urlaub in der STIB)

Mittwoch, 12. Mai 2010

Postcard-Time



In Brüssel begegnet Kunst einem an jeder Ecke - manchmal kann ich was damit anfangen, machmal nicht. Diese Aktion fand ich super, weil ich sie eine Woche vor dem Muttertag entdeckt habe und sie mich daran erinnerte, dass ich die Karte an Mama losschicken muss (dauert ja länger hier - wahrscheinlich zu Pferde durch die Ardennen und dann durch die Eifel...). Nunja, egal, auch an allen anderen Tagen gilt: Send a postcard to someone you like!

Nachbarschaftshilfe

Ich stand vor ein paar Tagen vor dem Problem, dass ich einen Ämtergang machen musste. Das bedeutete aber leider auch, dass ich in der Lage sein sollte, mich auf französisch oder flämisch auszudrücken. Ich spreche aber nur deutsch und englisch ämtergerecht. Man sagte mir auf dem Amt, dass ich am besten jemanden mitbringe, der übersetzen kann.
Hmm... Mir fiel dann nur der Nachbar ein, mit dem ich mich im Aufzug schon auf deutsch unterhalten hatte. Ich klingelte und schilderte ihm mein Anliegen und werde ihn im folgenden Signore S. nennen. Er war sofort bereit mich zu begleiten. Wir machten uns also auf den Weg und bevor wir bei der Metro-Station waren, hatte ich schon sämtlichen Geschichten aus dem Leben des reiselustigen, etwa 70jährigen Übersetzters italienischer Abstammung gehört.
Unser Ämtergang war nur halb erfolgreich - ich sollte ein weiteres Mal vorbei kommen. Kleines Problem: der Urlaub von Signore S. begann am Tag darauf. Da er nicht wollte, dass ich mich hier in seiner Stadt "einsam und verlassen" fühle, hat er den Kontakt zu seiner besten Freundin hergestellt, die er vor 40 Jahren bei seiner Ankunft in Brüssel kennengelernt hat und die der Stadt ebenso verfallen ist, wie er (und ich).
Auch Madame K. war sofort bereit, mich zu begleiten. Ich traf sie Blind-Date-mäßig in der Metro-Station und besuchte mit ihr zunächst das Amt, dann das Café. C'est la vie ici. Und hörte so viele liebevolle Geschichten über das Land und die Leute, dass auch der Regen draußen keine Rolle mehr spielte.
Behördenmäßig bin ich hier mittlerweile also auf jeden Fall registriert: als die Deutsche mit den nettesten und kümmerigsten Bekannten, die sich als Ausländer hier seit Jahrzehnten so aufgenommen fühlen, dass sie das weitergeben wollen. Cool.
Heute Morgen bekam ich von Signore S. eine sms aus dem Urlaub: ob denn alles gut gelaufen wäre ... hach, wie schön ist es doch Nachbarn zu haben! Dafür gibt es Blumen!